22. Friedberger Burgfest 19.7.1997
 

Bilder: WZ-Archiv

In der klassischen Besetzung einer New Orleans-Marching-Band vollführt die Mardi Gras Brass Band einen respektlosen Ritt durch die Pop-Kultur. Soul, Funk, Rap, Acid-Jazz und Latin werden auf ihre Groove-Tauglichkeit geprüft, neu gemischt, ein bißchen scharfe Würze hinzugefügt und dann geht's ab - direkt in den Magen. Was die Jazz-Kantine und andere losgetreten haben wird von der Mardi Gras Band in eine optisch wie akkustisch ungewohnte, aber immer wieder begeisternde neue Form gebracht. Die Bühne ist noch leer, aber das Publikum steht schon Kopf. Elf Mann, teilweise schwer bepackt, pauken und sousaphonieren sich durch die Menge. Die Jungs sehen aus wie ein Fleisch gewordener U-Comic. Daß dieses Comic in Mannheim gezeichnet wird, will man auf den ersten Blick gar nicht glauben. Ein Sänger, acht Bläser und zwei Schlagzeuger heizen - seit Jahren am Neckar als Kultband gefeiert - jedem Publikum ein, daß selbst der störrische Nichttänzer mehr als nur mit den Füßen wippt. Mardi Gras mit seinem lärmenden Marching Bands läßt grüßen. Doch hier wird nicht nur der New Orleans-Stil, bei dem der Jazz noch kurze Hosen trug, reanimiert. Der verbündet sich vielmehr in organischer Mischung mit kreolischem, Anleihen aus Soul und Funk, mit Rap und Dance-Grooves. Handgemacht entsteht tanzflächen-kompatible Musik, der sich selbst Techno-Jünger nicht verschließen können. Aber das eigentliche Geheimnis des Erfolgs dürfte die Performance sein. Das Geboller der Pauke, zusammen mit der nervösen Snaredrum und dem Geblubber aus dem Sousaphon, das stark an eine Rohrleitung der nahen Chemiewerke erinnert, bilden das Grundgerüst dieser Mobil-Einsatz-Kapelle. Zwei Trompeten, zwei Posaunen und drei Saxophone sorgen dafür, daß aus diesem Groove geile Musik wird. Der Sänger der sich "Le Docteur" nennt und dessen Stimme keinen Vergleich zuläßt, setzt dann das Sahnehä7ubchen auf die Mega-Burgfest-Abschluß-Torte.

Quelle: Burgfest-Zeitung Nr. 22