|
||
|
||
17. Friedberger Burgfest 22.8.1992In diesem bitterbösen Bilderbogen um Heuchelei und Betrug, um Verzweiflung und Naivität prallen zwei Kulturen aufeinander. Nur eine kann und darf überleben, Columbus, dieser Don Quichotte des Meeres, erkämpft sich seine Karriere zum Vize-König mit Glasperlen, Brutalität und merkt doch nicht daß er nur ein Spielball der Interessen von Königshaus und Kirche ist, zum Schluß fallengelassen wie eine heiße Kartoffel (die er ja schließlich nach Europa brachte). Da nützte ihm auch der mitgebrachte karibische Papagei nichts mehr, der immerhin schon "Gelobt sei Jesus Christus" krächzen konnte. Die Eingeborenen standen tabakrauchend fassungslos vor der Moral und den Gewohnheiten der weißen Kinder der Inquisition. Deren Bekehrungswut und Glaubenseifer kostete die Indios meist das eine oder andere Körperteil oder sie durften den heiligen Rauch des Fegefeuers schnuppern. Aber "Gott" auß weißem Mund war eben nur die Übersetzung für "Gold" und davon hätten die Indios auch nie genug haben können. Sie gaben ihren "Entdeckern" alles, was sie hatten, ihre Früchte, Gewürze, Tiere, Gastfreundschaft, sogar ihr Leben und die nahmen alles, sogar die Syphilis nach Hause mit. Von 1 Million Bewohner der Insel Hispaniola überlebten nur 28.000 die ersten zwanzig Jahre nach dem Einfall der Weißen. In ganz Lateinamerika sterben im 16. Jahrhundert - dem goldenen Zeitalter Europas - etwa 70 Millionen Menschen durch eingeschleppte Krankheiten, Massaker und Zwangsarbeit. Viel hat sich in den letzten 500 Jahren nicht geändert, wo "Entdecker" landeten, ob Amerika, Afrika oder Australien. Gut - statt dreier morscher Kähne landen inzwischen Jumbos und Kreuzschiffe und statt Glasperlen gibt es Kredite und den Weltwährungsfond, statt Hellebarden gibt es Boden-Luft-Raketen oder ein paar Geheimdienst-Offiziere. Gerade 1992, wo die gesamte "zivilisierte Welt den Sieg über Lateinamerika feiert, ein brennend aktuelles Stück.
Quelle: 17. Burgfest-Programmheft
|
||
|